Wenn Tantra passiert, wo’s gar nicht dran steht

Ein Erlebnisbericht vom Sommerfest des Heinrichs-Swoboda-Instituts 2018 (früher: Lotus-Café-Festival)

Es war im Juli. Vater Sonne tobte in feuriger Leidenschaft schon seit Wochen und Mutter Erde reckte ihm ihre zahllosen Blüten-Yonis farbenfroh geschmückt und voller blühender Leidenschaft entgegen. Da geht der menschliche Organismus sowieso schon mal in Resonanz, aber es gab noch zusätzlich den einen oder anderen begünstigenden Faktor:

Da ist zum einen das Parimal, der Veranstaltungsort. Ein kleiner Garten Eden mitten im Herzen Deutschlands, wo Gärtner aus Liebe und Leidenschaft eine wirklich paradisische Festivalumgebung gestaltet haben. Nicht nur in Bezug auf die Bepflanzung, sondern auch die wunderschönen Gästezimmer und das großartige Essen sind ein Spiegel der Menschen dort, denen Lebensqualität kein Status ist, sondern schlichtweg Herzenssache.

Festival der Herzen

Die Menschen sind ohnehin das Wichtigste, und an diesem Punkt kommt dann auch das Heinrichs-Swoboda-Institut ins Spiel. Christoph, Henriette, Coco, Frizzi, Undine und all die anderen wunderbaren Therapeuten, anno-dazumal auch die VeranstalterInnen des alljährlichen Lotus-Café-Festivals, sind Magnet, Hafen und Anker, Inspiration, Startrampe und liebgewonnene Familie für Menschen, welche den gebührenden Stellenwert von Bewusstheit, Achtsamkeit und Heilung sich selbst und schließlich auch der Welt gegenüber erkannt haben, ihn schätzen und sich entsprechend verhalten. Auch wir, Tandana & Chono, zählen uns zu diesen Glücklichen, nachdem wir diesen Sommer unser zweijähriges Vierjahreszeitentraining als Teilnehmer*innen erfolgreich abgeschlossen haben.

Wenn solche Menschen zusammen feiern, dann sieht das anders aus als man es vielleicht gemeinhin von Sommer-Festivals erwarten mag. Wohl sind die Nächte zünftig, musikalisch und auch ein guter Schluck darf dabei sein, doch vorher genießen wir aktive Meditationen wie die AUM oder die QLB, außerdem Männer- und Frauenkreise, Butoh-Tanz, Slowdating und auch Tantramassage-Austausch. Ich möchte hier ein kleines Erlebnis schildern, welches mir beim Trance-Dance wiederfuhr.

Loslassen und die Geschenke annehmen, die da kommen mögen

Loslassen Schmetterling Geschenk - Wild Life TantraDas war für mich auf diesem Festival meine Hauptbeschäftigung. Ich habe in den letzten Wochen viel Eckhart Tolle gehört und so genoss ich meine neue Leichtigkeit, die ich betiteln möchte mit “Es muss nichts passieren”. Ich war früher, bzw. bis vor kurzem, ein doch oft sehr erlebnishungriger Teilnehmer, wenn es um Freiraumpartys, Xplore oder ähnliche Events ging. Jemand, der sich schwer davon abbringen ließ, das ganze Buffet zu probieren, wenn alles so verheißungsvoll duftete. Aber diesen Sommer war es anders. Ich bin entspannt. Ich lasse den Morgenworkshop sausen, genieße die Sonne, spiele im Café etwas Gitarre, während andere fleißig meditieren und freue mich meines Seins in diesem wunderbaren Energiefeld.

Aber den Trance-Dance von Frizzi und Dirk wollte ich auf keinen Fall missen. Schließlich ist Frizzi die Therapeutin meines Vertrauens und Dirk einer der begnadetsten Magier der DJ-Kaste, die ich bislang erleben durfte. Tandana sagte kürzlich: “Derselbe Song, so wie er ist, oder aufgelegt von einem echten DJ, ist nicht derselbe Song. Dazwischen liegen Welten!”

Es darf auch Spaß machen

Die Buddha-Hall, das Herzstück des Parimal, war angenehm voll mit Menschen, wohl 50 an der Zahl, denn die Teilnehmerzahl war aus Sicherheitsgründen begrenzt. Eindrucksvoll schilderten Frizzi und Dirk, was es heißt, sich wirklich auf die Trance einzulassen, die Kontrolle fahren zu lassen, mit Hilfe zweier Tools: Augenbinde und Feueratem.

Es gab ein Team von Helfenden und uns wurde erklärt, dass, wenn wir uns setzen oder hinlegen, ein solcher kommen wird und eine Decke als Schutzbegrenzung um uns herum drappieren wird, damit keiner drüber hinwegtanzen möge. Natürlich waren alle barfuß, was aber auch nicht verhinderte, dass ein wild tanzender Mensch mir unterwegs beinahe die Zehen zu Brei stampfte – ging aber nochmal gut, auch das gehört eben dazu.

Nachdem also lange über Sicherheit, Achtsamkeit und was machen bei Überforderung – auf keinen Fall die Augenbinde abnehmen – geredet wurde, und alle reichlich angespannt aussahen hieß es: “Es darf aber auch Spaß machen!”. Und natürlich tut es das!

Eine echte, tiefe Trance ist eine uralte schamanische Heilmethode, die einen oft wichtige Visionen finden lässt. Tolle beschreibt es mit moderneren Worten: Wenn du dich mit dem Formlosen verbindest, indem du aufhörst zu denken und beginnst zu sein, dann verbindest du dich mit einer viel höheren Intelligenz. Eine echte, göttliche Kreativität steigt auf, die in ein wirklich intelligentes Handeln münden kann. Und das wiederum ist Tantra, auch wenn es nicht dran steht.

Wirkliche Begegnung

Trance Dance - Wild Life TantraSo begann also die Musik und ich war hinter meiner Augenbinde wunschlos glücklich. Ich ließ mich einfach fallen, beobachtete staunend, wie mein Körper und mein Atem anfingen zu schwingen, zu sein, Energie aufzubauen, Lebendigkeit zu praktizieren. Plötzlich ein Mensch. Eine Hand, die ich im Tanz streifte, tastete neugierig, wir spürten die Qualität der Berührung und griffen dankbar zu. Sie zog mich zu sich. Eine Frau, eine korpulente Frau, viel Weiblichkeit, viel Frau, tief atmend, klitschnass geschwitzt, und wie ich zu meinem Entzücken feststellen durfte, mit einem ganz herrlichen, leckeren, unverfälschten menschlichen Körpergeruch.

Oft habe ich erlebt, dass mir der Körpergeruch dicker, schwitzender Menschen unangenehm ist, und so erfüllte mich diese Überraschung mit einer tiefen Freude. Schon da staunte ich mal wieder darüber, welch schönen Geschenke das Universum bereit hält, wenn ich wirklich loslasse. Früher hatte ich bei solchen Veranstaltung immer viel Sehsucht danach eine aufregende, anonyme Begegnung erleben zu dürfen, aber heute war es mir völlig egal gewesen. Ich war ganz mit mir im Frieden, und Bumms: Da kommt das Geschenk. Klasse.

Alle guten Dinge sind…

frau-erotisch-dick-silhouette-wild-life-tantraDie Begegnung war nur kurz, eine Minute vielleicht, ein bisschen Shakern ohne viel Nähe, nichts Aufregendes, außer ihrem Geruch. Sie hatte schnell genug und verschwand, mich störte das gar nicht, ich erfreute mich am Nachspüren des gerade Erlebten.

Es ist nun so, dass ich, der ich fast blind bin, so gar keine Schwierigkeiten habe, mich mit Augenbinde zu orientieren. Ohne eine Intention der Kontrolle wusste ich zu jedem Zeitpunkt exakt, wo ich mich befand im Raum. Im Tanz kam auf einmal ein ganz klares Gefühl, dass ich mich zu einem anderen Punkt hinbewegen soll, fast am anderen Ende des Raumes. Gefühlt eine halbe Stunde tanzte ich mich in einem großen Halbkreis dorthin. Auf einmal wieder eine Hand. Fragendes Tasten, Zupacken, An-sich-ziehen.

Es war dieselbe Frau! Beide blind in einem großen Raum voller ekstatisch tanzender Menschen hatten uns die Wogen und Wellen dieses heißen Rituals wieder zueinander geschwemmt. Die Menge an Schweiß hatte sich verdreifacht, bei uns beiden, wir waren glitschig wie die Nacktschnecken, aber ansonsten: der gleiche wonnige Leib, die gleichen Haare, der gleiche, noch intensivere, leckere natürliche Schweißgeruch.

Diesmal dauerte unsere Begegnung etwas länger. Die Musik war gerade langsam und spannend, und so waren auch unsere Bewegungen. Wir atmeten innig zusammen und unsere Hände, Arme und Beine tanzten und spielten umeinander, ohne explizit oder stimulierend zu werden. Jede Berührung war geladen mit der der kreativen Präsenz eigener, tiefer Erotik. Doch auch diese Begegnung dauerte nicht lang, da ein echter Partyknaller des Magiers uns wild tanzend auseinanderriss.

Drei

verehrung-des-goettlichen-wild-life-tantraDiesmal blieb ich wo ich war, und nach einer weiteren halben Stunde kam sie, aus einer völlig anderen Richtung als der, wohin sie weggetanzt war. Das Trance-Ritual war in der Abklingphase angekommen. Die Energie führte immer tiefer nach innen ins Spüren, ins Nachvibrieren. Es war offenkundig so gemeint, dass jeder für sich jetzt zur Ruhe kommen möge, aber bei uns führte es zu einer ganz eigenen Art der Verschmelzung. Wir setzten unseren erotischen Tanz fort, in Zeitlupe und auch unsere Lippen wurden Teil dieses Tanzes.

Es fällt mir schwer, Worte zu finden, denn unser Zustand war so klar und gedankenlos, dass mein herkömmliches Gedächtnis nur wenig davon mitgeschrieben hat. Es war eine tantrische Tanz-Vereinigung in tiefer Trance. Als die Musik in einen tiefen, anhaltenden Ton mündete, das angekündigte Zeichen, was bedeutete “Leg dich einfach hin”, lagen wir nah beieinander, jeder für sich, aber doch irgendwie im Kontakt. Nach Ende des Rituals nahmen wir die Augenbinden ab, saßen uns gegenüber und sahen uns an. Sie verbeugte sich hingebungsvoll in Dankbarkeit und Berührtheit mit einem Namasté und ich tat es ihr gleich.

Loslassen ist nützlich, aber man darf auch was mit nach Hause nehmen!

Später, am Tag der Abreise, offenbarte sie mir, dass unsere Begegnung für sie das entscheidende Geschenk des ganzen Festivals war. Sie wisse jetzt endlich, wie sie von Männern berührt werden möchte, und dafür dankte sie mir und auch Tandana von ganzem Herzen. Mir wurde ganz warm ums Herz, und wird es auch jetzt, wenn ich darüber schreibe. Die Botschaft, die mit diesem Erlebnis zu mir gekommen ist, ist: Tantra passiert, wenn ich es hereinlasse, durchlasse und gehen lasse. Nicht einfach nur, wenn es dran steht.

Namasté!

Chono

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