Von Halten, tiefer Ruhe und sinnlichen Erlebnissen

Ein Teilnehmer-Erlebnisbericht von Rolf Netzmann zum Wochenende “Entspannung, Hingabe & Vertrauen” auf Level II des offenen Tantra Trainings vom 24.-26.11.2023

Eine rustikale Fabriketage in Kreuzberg. Hier werde ich die kommenden etwa 45 Stunden verbringen. Ich komme direkt von Arbeit, es ist Freitag, ich bin müde und mir gehen viele Gedanken durch den Kopf.

Erst einmal in Ruhe ankommen, alte Bekannte und natürlich die Gastgeber begrüßen. Umziehen in weite, luftige Kleidung. Eintanzen, mich allmählich fallen lassen. Den Alltag abstreifen wie eine Schlange ihre alte Haut.

Mich einlassen auf das sanfte, zarte Gefühl, das meine Seele streichelt, während ich hier ankomme. Entspannung, Hingabe und Vertrauen ist das Thema. Mit Neugier bin ich hierhergekommen. Neugier auf andere Menschen, auf neue Erlebnisse, auch darauf, mich selber mehr zu erkennen und zu verstehen.

Mich erwartet eine bunte Mischung aus Tanzen, Körperübungen, erlebter Nähe und Distanz und viel Austausch miteinander. Durchlässig werden, mich zeigen, wie ich bin, authentisch, verletzlich, manchmal auch ängstlich, immer mehr gelingt mir dies in diesem geschützten Raum, den Chono und Tandana auf eine scheinbar so leichte Art für uns halten.

Das für mich tiefste und intensivste Erlebnis dieses Wochenendes ist die praktizierte Bonding-Psychotherapie. Eine andere Person nicht nur physisch halten, mich auf eine hochintensive Nähe einlassen, in diese für mich sehr tiefe Intimität gehen, es hat mich an meine Grenzen gebracht. Hier verschob ich sehr bewusst die Grenzen dessen, was ich emotional halten konnte. Und doch war es auch eine einzigartige Erfahrung, ein Eintauchen in eine gefühlte tiefe Vertrautheit mit einem mir kaum bekannten Menschen. Während dieses Haltens kamen Fragen auf in mir. Was mag diese Person erlebt haben in ihrem Leben? Was bewegt sie gerade jetzt, während sie mit ihrem Kopf und geschlossenen Augen auf meinem Bein liegt?

Auch das Mich-selber-fallen-Lassen in den anschließend von dieser Person gehaltenen, geschützten Raum war für mich phänomenal. So schnell so tief in eine Ruhe zu versinken war mir vorher noch nie möglich. Mir schien, als löse sich meine Umgebung in Ruhe auf, als sei in diesem Raum um mich herum nur Ruhe. Es war eine sehr intensive Erfahrung für mich. Sie wirkte noch Tage später nach und beschäftigt mich bis heute.

Immer wieder erstaunlich in diesen Wochenenden ist, wie schnell sich die Teilnehmenden füreinander öffnen. In kurzer Zeit entsteht ein Vertrauen zueinander, in dem auch sehr persönliche Gefühle und Empfindungen ausgesprochen werden.

Für mich ist Tantra auch ein mich seelisch stabilisierendes Element meines Lebens. So erschien es mir auch normal, in einer der Runden, in denen wir im Kreis sitzen und erzählen, wie wir uns gerade fühlen, mich zu offenbaren. Denn ich bin seit mehr als 10 Jahren an Depression erkrankt. Ein Mich-Einlassen, auf die Leichtigkeit eines solchen Wochenendes, ist mir nicht immer möglich. Doch ich erlebe es auch an diesem Wochenende wieder als eine Normalität, wenn ich mich so offenbare. Dieser sehr offene Umgang mit mir lässt mich neugierig und locker in Begegnungen mit anderen Frauen und Männern gehen. Er öffnet mir den Raum für Entspannung, Vertrauen und Hingabe, für ein tiefes Mich-fallen-Lassen in eine innere Ruhe. Hier darf ich sein, wie ich bin, auch mit meiner Erkrankung. Dafür bin ich dankbar.

Ein herzliches Danke an Chono, Tandana und ihre fleißigen Helferlein, besonders die Küchenfee, sowie an alle Anwesenden.
Ihr habt mir wieder einmal eine wunderbare Zeit geschenkt.

Rolf
(angstberatung-berlin.de)

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