Der Gong ertönt, das Spiel ist eröffnet.

Ein Erlebnisbericht vom Blind Pleasure Ritual 2024

Eine Fabriketage in Kreuzberg. Rustikales Ambiente. Ich bin nicht das erste Mal hier. Und doch ist es heute anders.

Denn ich trage eine Augenbinde. Dazu kommt, ich bin einer der Ersten. Denn ich möchte vor dem Event noch etwas nur für mich erleben. Leicht bekleidet liege ich auf bequemen Matten. Lasse mich fallen.

Mein Rücken schmiegt sich an das weiche Material. Sehr langsam komme ich an in diesem Raum. Schließe die Augen. Fokussiere mich auf das, was ich höre. Denn dafür bin ich heute so früh hier. Die Schritte durch den Raum. Die leisen Stimmen. Ein Knarzen, wenn sich Jemand auf einen Stuhl setzt. Allmählich tauche ich ein in eine für mich fremde Wahrnehmung. Nur mit den Ohren nehme ich meine Umgebung auf.

Ein leises Räuspern neben mir. Weiter entfernt hustet jemand. Ja, auch Entfernungen kann ich jetzt definieren. Wer ist näher an mir? Wer sitzt, liegt oder steht weiter entfernt von mir? Spannend finde ich, wie sich die Geräusche verändern, je mehr sich der Raum füllt. Denn es wird nicht lauter.  Es bleibt ein leises, sehr ruhiges Sprechen, eine sehr ruhige, getragene Atmosphäre.

Neben mir lässt sich eine Frau nieder. Ich höre es an einem einzigen Wort. „Danke“, sagt sie zu einem der Helfer, der sie auf die Matten geführt und ihr den Platz zugewiesen hat. Ich fokussiere mich jetzt auf meinen Atem.

Beim Einatmen hebt sich die Bauchdecke. Beim Ausatmen fällt sie in sich zusammen. Hier bin ich, in dieser rustikalen Fabriketage in Kreuzberg. Gemeinsam mit Anderen. Der Raum füllt sich. Leise Musik schwebt durch den Raum.

Ich fühle mich erregt, streichle langsam meinen Körper, lasse mich ein auf das, weswegen ich auch hier bin. Blind Pleasure, ein Spiel mit der Lust, ohne zu sehen, mit wem. Meine Aufmerksamkeit lenke ich jetzt auf das, was ich um mich herum wahrnehme.

Der Gong ertönt. Das Spiel ist eröffnet. Ganz langsam bewege ich mich, gehe in den ersten Körperkontakt. Spüre Hände auf meinem Körper, suchend, forschend, entdeckend. Meine Fingerkuppen gleiten langsam auf zarter Haut entlang. Auf meinem Körper spüre ich jetzt mehrere Hände, die sich zart und sanft ihren Weg suchen. Pause. Ich fokussiere mich wieder auf das Hören. Leises Atmen neben mir. Ein lustvolles Stöhnen etwas weiter entfernt. Ein wohliges Brummen irgendwo im Raum.

Lange bleibe ich nicht allein. Zarte Frauenhände führen mich wieder in einen Zustand der Erregung. Sie spielen mit mir, während ich ihren Körper mit meinen Händen neugierig entdecke. Es ist ein lustvolles Spiel, ehe sie weiter zieht und auch ich mich weiter bewege, um neue Erlebnisse zu genießen.

Am Ende der mehr als 120 Minuten unter der Augenbinde befinde ich mich in einem sehr erregenden Spiel mit mehreren anderen Menschen. Ob es Frauenhände oder Männerhände sind, die mich lustvoll streicheln, vermag ich nicht zu sagen. Es ist auch egal für mich, denn ich genieße einfach. Blind Pleasure, ein blindes Vergnügen, ist nun zu Ende.

Noch einmal lausche ich in den Raum, der jetzt langsam zur Ruhe kommt. Ruhiges Atmen nehme ich wahr, ein allmähliches Innehalten. Es wird Zeit, die Augenbinde abzunehmen.

Rolf Netzmann • angstberatung-berlin.de

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Der Gong ertönt, das Spiel ist eröffnet. – Chono Wild Life
1 Monat zuvor

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