Kommunizieren ohne Sprache und Legenden, ohne Blicke und Masken? – Erlebnisbericht zur Blind Pleasure Okt. 2018

Kommunikation, durch Berührung, und nur Berührung, nicht durch Atmen oder Atemgeräusche, nicht durch Gerüche, und nicht durch Sprache oder Blicke.
Ich fühle mich, als könnte ich auf einmal alles von mir kommunizieren, anders als in der Sprache, die immer eine Interpretation ist, ein bewusstes Zusammenfügen von Informationenbruchstücken zu einer wohlgewählten Legende. Und anders als in Blicken, die sich immer prüfend anfühlen, als würden die andern meine eigene Unsicherheit in ihnen zu lesen scheinen, oder ich ihre, was Distanz erzeugt, die dann noch unsicherer macht.
Stattdessen liege ich da und fühle zwar auch nur Bruchstücke von andern, ein Knie, ein Kinn, und fühle, wie andere Bruchstücke von mir ertasten – den Rücken, die Beine, die Hände, die Arme, den Bauch, die Knochen, immer nur eine Handbreit, die Hand des Ertastenden breit. Doch diese Handbreit ist keine Legende, keine Selbstinszenierung aus wohlgewählten Worten oder Gesichtsausdrücken. Sie ist das, was Worte nicht treffen, weder in einer Interaktion, noch fürs Beschreiben einer Interaktion. ‚Echt‘, ‚Wahrheit‘, ‚Fokus‘ sind Worthülsen, die in Richtung des Gefühls weisen: In jenem Moment, wo es nur der kleine Finger ist, der von einer fremden Hand erkundet wird, ist er der ganze Fokus. Und dann fließt das Spielerische, fast Anatomische, Naive des Erkundens des Fingers in einen Dialog, entwickelt sich, zu einer Erkundung ganzer Körper, die sich aus den handbreiten Stücken zusammensetzen. Wangen finden sich, Nasenspitzen, Fingerspitzen, Kinnknochen, Haut, Haare und kleine Zähne, alles fühlt sich kleiner an als sonst, so als wäre alles zugleich, auf einmal, fassbar, und doch voller Details, Strukturen, Texturen, Miniaturen.
Alles fließt völlig unangestrengt, innen und außen. Weder besteht der Druck eigener Erwartungen, noch der Druck vermeintlicher fremder Erwartungen, denen ich gefallen wollte. Ich kam hin, schloss die Augen, setzte mich, und alles war toll. Es ist immer wieder begeisternd, zu erleben wie großartig man kommunizieren kann, wenn man nicht sprechen muss. Es ist so einfach, einfach so da.

Chris

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Gérôme
5 Jahre zuvor

Hmmm… macht Lust auf mehr? Wann ist wieder so ein “Blind Pleasure”?

Admin
Tandana & Chono
5 Jahre zuvor
Reply to  Gérôme

Die Termine für 2019 stehen noch nicht fest, aber wir haben vor es im Frühlingssemester 2x anzubieten. Am besten abonnierst Du unseren Newsletter.